Der Dalai Lama hat auch in anderen tibetischen buddhistischen Traditionen Konflikte und Disharmonie ausgelöst

Der Dalai Lama hat auch in anderen tibetischen buddhistischen Traditionen Konflikte und Disharmonie ausgelöst

Nachfolgend einige Briefe und Stellungnahmen von Sharmapa, dem Oberhaupt der Karma Kagyü Tradition, die deutlich machen, dass die Bündelung von politischer und religiöser Macht in den Händen des Dalai Lama vielerlei Probleme bewirkt. Die Verfolgung von Dorje Shugden Verehrern ist nur ein Teil im großen Plan des Dalai Lama, die verschiedenen tibetischen Traditionen unter seiner Führung zu verschmelzen. Auch Sharmapa weist darauf hin, dass dies die Motivation ist, die den Dalai Lama treibt, und dass er keinerlei spirituelle Autorität zu solch einem Vorgehen hat. Wie er schreibt:

„Ich verstehe, dass S.H. der Dalai Lama das tibetische Volk Einen will, um für seine Freiheit zu arbeiten, aber das ist kein Grund die Menschenrechte und Religionsfreiheit von buddhistischen Gläubigen mit Füssen zu treten.“

OFFENER BRIEF DER INTERNATIONAL KARMA KAGYU ORGANISATION
Auszüge aus einem offenen Brief an S.H. den Dalai Lama
Kathmandu, 17. März 2001

Die tibetische Exilregierung hat 1961 vorgeschlagen, die vier tibetischen buddhistischen Schulen zu einer religiösen Einheit zu verschmelzen, unter dem Vorsitz Seiner Heiligkeit. Diese Politik hat großen Teilen der tibetischen Exilgemeinschaft schweres spirituelles Leiden zugefügt. Dreizehn tibetische Siedlungen, die sich geschlossen hinter Karmapas Autorität stellten, stellten den Plan der Exilregierung in Frage und als Folge wurde das ganze Modell schließlich verworfen. Später in den 70ern wurde der Karmapa beschuldigt, weil er die Autonomie der anderen drei Linien verteidigt hatte…

Im Juli 2000 ging dann die Einmischung Seiner Heiligkeit in die Angelegenheit noch weiter. Seine Heiligkeit informierte S.H. Shamar Rinpoche schriftlich, dass selbst für den Fall dass eine authentische Vorhersage des 16. Karmapa gefunden und vorgelegt wird, er dennoch darauf bestehen würde, dass Urgyen Trinley der Karmapa Thronhalter sei. Mit diesem Vorgehen würde Seine Heiligkeit rückwirkend dem unangezweifelten 16. Karmapa das Recht entziehen, seine eigenen Reinkarnation zu bestimmen. Solch eine groteske Behauptung geht gegen die Karma Kagyü Tradition und bereitet die Bühne für eine Übernahme der Karma Kagyü Schule durch Seine Heiligkeit und die Regierung.

Bis sich Seine Heiligkeit 1992 eingemischt hat, hat kein anderer Dalai Lama je eine Rolle in der Erkennung eines authentischen Karmapas gespielt. Wie Seine Heiligkeit sehr gut weiß, übertreffen die Inkarnationen der Karmapas die Linie der Dalai Lamas um mehr als 300 Jahre. Es gibt keinen historischen Präzedenzfall für die gegenwärtige Einmischung Seiner Heiligkeit.

Wir respektieren und unterstützen die Bemühungen Seiner Heiligkeit für das Wohl und die Freiheit des tibetischen Volkes in hohem Masse. Deshalb bitten wir Sie, den gleichen guten Willen im Falle der Kontroverse um Karmapa zu zeigen. Für das Wohl der Integrität unserer Linie, bitten wir Seine Heiligkeit sich vornehm aus diesem inneren Konflikt der Karma Kagyü Schule zurückzuziehen. Wir bitten Seine Heiligkeit auch um Unterstützung für unsere Sicht, dass die ganze Welt einen Nutzen daraus hat, wenn die reiche Vielfalt aller vier Schulen erhalten bleibt, einschließlich der Karma Kagyü. Wir haben aufrichtige Wünsche für das lange Leben und die Gesundheit Seiner Heiligkeit.

Respektvoll, für und im Namen aller Delegierten der International Karma Kagyü Conference
H.H. Luehrs (Vorsitzender)

Spätere Anmerkungen von Sharmapa

„Ich glaube, dass die Karma Kagyü die Möglichkeit haben sollte, ihr eigenes spirituelles Oberhaupt in der traditionellen Weise zu wählen“, sagte Shamar seinen Studenten. „Ogyen Trinley wurde nicht in der traditionellen Weise gewählt, sondern durch politische Einmischung der tibetischen Exilregierung, der chinesischen Regierung und vielen anderen. Alle anderen religiösen Schulen Tibets können ihre Oberhäupter selbst wählen. Warum können wir nicht unseres wählen? Seine Heiligkeit der Dalai Lama stellt in diesem Fall die Politik vor die Religion.“

„Weil seine Anhänger im Ausland nicht die Gewohnheit haben, seine Handlungen zu hinterfragen, unterstützen sie Seine Heiligkeit den Dalai in diesem Fall blind. Ich nenne solche Anhänger „Paket-Gläubige“ Sie folgen dem Dalai Lama weil er ein buddhistischer Lehrer und Führer der Tibeter ist; das ist alles was sie wissen müssen. Sie akzeptieren einfach das ganze Paket, ohne für sich selbst zu untersuchen, ob das, was Seine Heiligkeit in diesem Fall tut wirklich richtig ist. Wenn ich zum Beispiel ein Haus hätte, und der Dalai Lama es für sich selbst haben wollte, dann würden diese Paket-Gläubigen unter seinen Anhängern sagen, dass es falsch von mir ist, mein Eigentum zu schützen, oder mich auch nur zu beschweren, und dass er das Recht hat, es zu nehmen.“

„Ich verstehe es, wenn Tibeter solch eine Einstellung habe. Ihr Lebensunterhalt mag davon abhängen, ein gutes Verhältnis mit der tibetischen Exilregierung zu haben. Vielleicht würden sie ihre Arbeit verlieren, wenn sie das Recht des Dalai Lamas den Karmapa zu wählen in Frage stellen würden. Aber für die Leute in der ganzen Welt ist das eine ungesunde Entwicklung des Buddhismus. Wenn ein Mann in der ganzen Welt so bewundert wird, dass er tun kann was er will, ohne eine gerechte Überprüfung, dann ist er in Fakt ein Diktator. Es gibt keine Aufsicht. Und wenn die Karma Kagyü Schule nicht ihr eigenes Oberhaupt wählen kann, wird dies ein Präzedenzfall für die anderen religiösen Schulen Tibets? Wird der Dalai Lama auch ihre Oberhäupter auswählen?“

„Dharma hat etwas damit zu tun, für uns selbst nachzudenken. Es heißt nicht, einem Lehrer automatisch in allen Dingen zu folgen, ganz gleich, wie respektiert dieser Lehrer sein mag. Mehr als  jeder andere sollten Buddhisten die Rechte von anderen Menschen respektieren – ihre Menschenrechte und ihre Religionsfreiheit.“

An anderer Stelle sagte Shamar Rinpoche:

„Aber wenn Seine Heiligkeit lediglich seine große Popularität in den Himalayas, in Indien und im Rest der Welt ausnutzt, um zu versuchen Kontrolle über den Karmapa Labrang zu gewinnen, dann muss ich respektvoll seine Meinung über Rumtek zurückweisen. Ich verstehe, dass S.H. der Dalai Lama das tibetische Volk einen will um für seine Freiheit zu arbeiten, aber das ist kein Grund die Menschenrechte und Religionsfreiheit von buddhistischen Gläubigen mit Füssen zu treten. So wie in unserem Fall, sollten wir Menschenrechte in allen Situationen respektieren, nicht nur, wenn es für uns gerade bequem ist.“

„Alle Führer, ganz gleich wie tugendhaft, müssen Einschränkungen in ihrer Macht haben. Viele populäre, charismatische Anführer haben in der Vergangenheit Popularität und Prestige ausgenutzt, um sich selbst als Diktatoren einzusetzen. Vielleicht hatten diese Anführer gute Absichten und hofften, dass sie mit der Vergrößerung ihrer Macht mehr Gutes in der Welt erreichen können. Aber letztendlich hat absolutistische Herrschaft immer zu Leiden geführt. Ich hoffe und bete, dass Seine Heiligkeit nicht wie ein Diktator handeln wird, und nicht die Unterstützung des Volkes benutzt, um eine Autorität über den Karmapa einzufordern, die er nicht besitzt, und auf der Religionsfreiheit der Gläubigen des Karma Kagyü herumzutrampeln.“

Links zu dieser Kontroverse
Statement on HH Dalai Lama’s Comments about Rumtek Monastery
The Karmapa Conflict
The Karmapa Controversy

Shamar Rinpoches Antwort auf die Angriffe des Dalai Lama Unterstützers Robert Thurman
Brief an Robert A.F. Thurman von Shamar Rinpoche (Auszüge)

Hier stimme ich mit Dir vollkommen überein. So sehr Du auch über diese Sache besorgt bist – was Du eindeutig bist – kann ich Dir versichern, dass auch ich noch viel mehr um diese Sache besorgt bin. Traditionellerweise führt der Sharmapa zusammen mit dem Karmapa die Karma Kagyü Linie. Das bedeutet, dass ich die Verantwortung habe, die Karma Kagyü Linie zu beschützen. Bitte denke daran wie stark Deine Gefühle sind, und dann versetze Dich für einen Moment in meine Situation und stell Dir vor, wie wichtig es für mich ist, die Autonomie der Karma Kagyü zu schützen.

Ich habe Verständnis dafür, dass Du Seine Heiligkeit den Dalai Lama hundertprozentig unterstützt und ich unterstütze vollkommen die Gelugpa Schule, welches die einzige Schule ist der Du Dich widmest. Allerdings kann keine der anderen Schulen es unterstützen und unterstützt es auch nicht, dass versucht wird, S.H. dem Dalai Lama volle Autorität über alle vier Schulen zu geben.

Jetzt möchte ich Deinen Brief zur Seite lassen und Dir eine Frage zum Nachdenken geben: Wenn Du die politische Situation zur Zeit des 10. Karmapa als Beweis verwendest, dass der Dalai Lama die Autorität hat, die Karmapas anzuerkennen, dann solltest Du auch Bedenken, dass es seit der Zeit des Großen 5. Dalai Lama obligatorisch war, dass die Reinkarnation des Dalai Lama vom chinesischen Kaiser bestätigt wurde. Wie willst Du es unter dieser Voraussetzung verhindern, dass die chinesische Regierung in Zukunft das historische Recht einfordert, die Dalai Lamas anzuerkennen? Die Oberhäupter der Karma Kagyü, Drikung Kagyü, Nyingma und Sakya Linien haben niemals die Bestätigung der chinesischen Führung oder des Dalai Lamas benötigt. Der Präzedenzfall, den Du hier schaffst, wird den Weg ebnen für den Zusammenbruch aller tibetisch-buddhistischen Schulen, einschließlich der Gelugpas. Bitte bedenke die langfristigen Auswirkungen.

Die allgemeine Empörung, die es um den ganzen Karmapa-Konflikt gibt, ähnelt langsam dem Heulen von listigen Koyoten, die so von ihrem Jagdfieber vereinnahmt sind, dass niemand die sanfte Stimme des Lammes hören kann, dass versucht eine Warnung auszustoßen. Situ Rinpoche ist völlig damit gescheitert die Authentizität des sogenannten Vorhersagebriefes zu beweisen, aber dennoch wedeln immer noch viele seiner Kollaborateure mit diesem Brief als eine Art authentischen Beweises herum.